Donnerstag, 1. Oktober 2009

Fahrbahnmarkierungsmaler


Stripe
Originally uploaded by onesevenone
Wenn bei uns im Bergischen Land irgendwo die Straßen neu asphaltiert werden, dann stellen die Bauarbeiter "Markierung fehlt"-Schilder auf. Als würde einem nicht von selbst auffallen, dass der Mittelstreifen fehlt. An diesen Schildern fährt man dann Jahr & Tag vorbei, ohne dass sich mal jemand dazu herablässt, den streifenlosen Umstand zu beheben. Die Jahreszeiten fliegen nur so dahin. Eines Tages, knapp vor dem Tag des jüngsten Gerichts, fährt man die Strecke wieder einmal ab und stellt fest: Hey! Streifen! Die "Markierung fehlt"-Schilder braucht niemand wieder abzubauen, sie sind längst nur noch Erinnerung, orangerote Rostflecken im Gras.
Ich stelle mir vor, dass das alles so lange dauert, weil nur wenige Hochqualifizierte in dieser unserer Republik des Fahrbahnmarkierungsmalens überhaupt mächtig sind, rare, begehrte Genies. Begnadete Künstlernaturen wie sie nun einmal sind, sind sie allzeit von einem Schwarm spärlich bekleideter Musen (Groupies) umgeben. Die Palette in der Linken, den Pinsel in der Rechten visiert das Genie über den Daumen die noch unmarkierte Straße an. Aller Verkehr wurde weiträumig umgeleitet. Ausgeblichenes Absperrband schlänzelt im Wind, am Waldrand äst ein Reh, die Witterung ist beständig, gottlob. Mit dem Pinselhieb des Könners wird er das Weiß auf die Straße bringen.
Wird.
Die Vorbereitung auf diesen ersten Hieb, einer kreativen Entladung gleich, einem schöpferischen Urknall, benötigt nun einmal Zeit. Nur Idioten würden den Begnadeten drängen und damit den Augenblick zerstören, quasi den Moment der Inspiration unter dem schnöden Absatz des Profanen zertreten.
Die mit Federboas behangenen Musen harren am Straßenrand aus und halten die Luft an.
Irgendwo erbricht sich leise ein Eichelhäher ins Gebüsch.

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