Sonntag, 17. Januar 2010

Restaurantkritik 3 - Additive zum Wohlfühlen


Coa
Originally uploaded by splorp
Geht man zu McDonald’s, so ist das für jemanden, der sich zum Thema Ernährung schon einmal Gedanken gemacht hat, ein kalkuliertes Risiko. Auch kann man dann mit Freude in einen Donut beißen, auch wenn man weiß, dass man sich gerade eine Riesenmenge gehärteter pflanzlicher Fette reinzieht, die bekanntermaßen das Risiko eines Herzinfarktes um bis zu 70% steigern können. Denn: Wenn man davon Kenntnis hat, und es trotzdem macht, ist es ja in Ordnung. Das ist wie beim Rauchen.
Anders ist es, wenn man davon ausgeht, dass man sich sogar Gutes tut
In Wuppertal-Elberfeld hatte ein Asiate eröffnet – coa® asian feelgoodfood. Den Laden gibt es auch in Mannheim, 3x in Frankfurt und Berlin.
Schaut man sich die Homepage auf coa.as an (Link), geht einem das Herz auf: ein dufter Laden, gar mit Philosophie:
„Energie entfalten mit gesunden, aromatischen Zutaten – gesundes und leichtes Essen, schnell serviert – in Ruhe genießen. feelgoodfood!“, „Ehrliche asiatische Küche“
und, wenn man mit der Maus auf das rote "Qualität"-Feld geht, steht da sogar wortwörtlich:
"Auf den Zusatz von Geschmacksverstärkern und Zusatzstoffen verzichten wir gänzlich."
Hey: Zu schön um wahr zu sein!
Eines Abends kam ich spazierengehenderweise dort vorbei, traf eine bunte Schar rauchender Köche vor den Laden an und fragte gleich noch mal nach. Strahlend wurde mir berichtet, dass alle Zutaten „grundsätzlich ganz natürlich“ seien.
Fein, fein!
Wochen später trat ich an, um mit der aller-allergischten Person die ich kenne, dort zu speisen. Das Interieur war modern asiatisch, die Karte las sich wundervoll, die Bedienungen waren eine Augenweide.
Auf der Speisekarte fand sich überraschenderweise indes extrem marginal und in Arial 0,8 der Hinweis, dass man sich eine separate „Karte der Zusätze“ geben lassen könne – der Lupe an meinem Schweizer Offiziermesser sei Dank. Wir baten darum. Wir bekamen ein sehr dicht bedrucktes Blatt, einen Beipackzettel der Risiken und Nebenwirkungen. Diese Karte der Additive las sich arg abenteuerlich: Allgegenwärtiges Mononatriumglutamat (= Geschmacksverstärker) war nur die Spitze des Eisberges.
Wir hätten gehen sollen.
Nach langem Hin & Her fand sich exakt ein (1) Gericht und sogar ein (1) Koch, der bereit war, Nahrung versuchsweise ohne Chemiebaukasten zuzubereiten. Allerdings gelang es diesem Pionier nicht, „das positive Lebensgefühl, dass wir mit exotischen Speisen verbinden“ in der zubereiteten Nahrung unterzubringen. Mehr noch: trotz gegenteiliger Zusicherung war Natriumglutamat enthalten - bei meiner Begleitung löste das Essen allergische Reaktionen aus.
„Was bei coa® serviert wird, folgt einer ebenso einfachen wie einleuchtenden Idee: das Beste aus den Küchen Ostasiens in bester Qualität und unverfälschter Zubereitung.“
Ich bin mir mittlerweile sicher, die bekommen nichtmal ein Schälchen weißen Reis hin ohne Bleichungsmittel, Rieselhilfe und Antioxidanzien.
Das ist schon verdammt dreist.

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