Mittwoch, 28. September 2011

Sperrmüll

Wie alles begann...
Über zwei Wochen vor dem Sperrmülltermin reichte ich in persona bei der Stadt Radevormwald eine Sperrmüllkarte ein. Ich ließ die Verwaltungsfachangestellte ihren Blick darüber schweifen, sie nickte wohlwollend nach eingehender Prüfung und gab die Karte in die Hauspost.
Misson completed!
Einen Tag vor dem Sperrmüllabholtermin stellte ich den Krimskrams fein säuberlich auf den Bürgersteig. Einen Stuhl. Einen Mülleimer. Ein paar Gardinenstangen. Zwei Badezimmerschränkchen. Eine Stehlampe. Kleinkram eben.
Am Abend begann die Transformation.
Kleinlaster mit Ruhrgebietsnummernschildern cruisten die Straßen entlang. Glutäugige Männer sprangen heraus, griffen sich Metallgegenstände und alles, was ein Kabel hatte. Passanten streiften herum und grofelten angelegentlich durch die Auslagen. Aus meiner Wohnung hörte ich noch bis nach Mitternacht Scharren, Wühlen und das Umkippen von Dingen.
Am morgen hatte sich die Szene dramatisch verändert.
Wenn überhaupt war nur noch die Hälfte meines ursprünglichen Krempels vorhanden. Der Stuhl war weg, die Stehlampe, die Badezimmerschränke, dafür war jetzt eine mit grünem Schleim versiffte zweisitzige Rattancouch dazugekommen und ein zur Hälfte weggefaulter Küchenschrank. Ein stockfleckiger Karton mit angebranntem Plastikspielzeug stand schief oben drauf, wie eine Anklage. Dreiviertel der Breite des Bürgersteiges waren bereits blockiert
Na ja.
Ich fuhr zur Arbeit. In der Zwischenzeit würde der Sperrmüll dem Spuk schon ein Ende machen!
Ich kehrte heim.
Es sah aus wie ein Kriegsschauplatz! Man hatte den Krempel überall in der Straße abgeholt, nur bei  mir nicht, tolle Wurst! Dafür waren untertags noch eine bis zur Unkenntlichkeit verrostete Schubkarre und ein paar Farbeimer dazugekommen.
Ich rief bei der Stadt an.
Uh, hmm, man könne jetzt wirklich nicht alle Sperrmüllkarten durchgehen. Ob ich mir denn sicher sei, eine Karte ausgefüllt zu haben.
Ja-haa!!!
OK, nächste Woche wird der Sperrmüll ganz sicher abgeholt, versprochen, vielen Dank für Ihren Anruf.
Hurra...

Die kommende Woche verging wie im Fluge. In den dunklen Stunden der Nacht klimperten Ghoule und Zombies durch den immer minderwertiger werdenden Ramsch. Sie rissen sich das eine oder andere unter den Nagel und hinterließen im Gegenzug ihren seit Jahren in feuchten Kellern vor sich hinfaulenden Mist wie z.B. drei verwesende Teppiche.
Schon Mittwochnacht fand sich ein Liebhaber für die arg leprösen Bodenbeläge, dieser hinterließ freundlicherweise im Gegenzug etwa eine Tonne Schrott aus alten Flippern.
Der Donnerstag brachte sechs Müllsäcke voller Troll-Nierensteine und einen vor Jahrzehnten mit irgendeiner Küste kollidierten Fischkutter namens "Malaria III".
Freitag kamen 4 leckende Atommüllfässer dazu und ein abgebrochener Mammutstoßzahn.
Die Ghoule holten sich nachts zwei der Atommüllfässer und rissen dabei wohl versehentlich die Säcke mit den Troll-Nierensteinen auf, diese hatten sich in den Vorgarten ergossen.
In den Nächten darauf kam es zu weiteren Transaktionen. Die "Malaria III" verschwand auf Nimmerwiedersehen zusammen mit dem letzten Atommüllfass, dafür entledigte sich jemand seiner etwas syphilitisch wirkenden Schrumpfkopfsammlung, etwa 150 Stück. Die Hälfte der Troll-Nierensteine fanden ihre Abnehmer, dafür kippte mir jemand eine Wanne Fischeingeweide und zwei Roswell-Alien-Kadaver in den Vorgarten. Ich wurde samstags um 5.00 Uhr morgens vom Gekreische der Möwen geweckt.
Die Möwen waren recht gründlich, dafür kackten sie alles voll.
Am Sonntag ging es ruhiger zu.
Montag bereits hatte das Ordnungsamt die Straße halbseitig gesperrt, rot-weißes Flatterband schlänzelte im Wind, eine Baustellenampel regelte den Verkehr im Zweiminutentakt. Als ich Montagabend die Rollläden herunterließ, erhaschte ich einen Blick auf Mulder und Scully, die mit Taschenlampen im Vorgarten nach Alien-Überresten suchten.
Nach einer weiteren unruhigen Nacht kam der große Tag!

Ich fuhr zur Arbeit.
Ich kehrte heim.
Argh!
Natürlich hatten die Stadt-Schergen nur den gröbsten Krempel mitgenommen.
Ich werde 20 Pfund Troll-Nierensteine, 32 Schrumpfköpfe, den abgebrochenen Mammutstoßzahn und einen abgenagten Alien-Schädel wohl bei eBay verticken müssen.
Falls jemand Interesse hat, bitte melden (an Selbstabholer).

P.S.: Die Preziosen riechen etwas nach Fisch.

Bookmark and Share