Montag, 12. Dezember 2011

ru24 History 29 - Meisenknödel-Abrechnung (1973)

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Es war 1973. Mein Freund Frank aus der Nachbarschaft spielte mit mir bei uns, er war acht, ich war sechs. Ein Berg LEGO war nach gauss'scher Normalverteilung im Kinderzimmer ausgebreitet.
Mein Vater war ins Industriegebiet gefahren und wieder zurückgekommen, er hatte Streusalz geholt und ein Großgebinde Meisenknödel für Tante Waltraud.
Wir Kinder nutzten den langen Flur, um unsere LEGO-Autos fahren zu lassen, als Tante Waltraud auftauchte, um das Vogelfutter abzuholen.
"Wir müssen noch abrechnen", sagte sie zu meiner Mutter.
Freund Frank schaute bleichesten Antlitzes auf meine Mutter, dann auf meine Tante, übergangslos sprang er wie von der Tarantel gestochen auf, zerrte an der Haustür und verschwand ohne Jacke mit wehendem Haar in der Dunkelheit.
Das war alles sehr rätselhaft!
Einige Minuten später schellte das Telefon, Franks Mutter war dran, der Junge sei kaum zu beruhigen gewesen...
Nach einigen Hin und Her klärte es sich.
Frank hatte einfach zu viele Western gesehen. Wenn da Hank zu Wyatt sagte "Jetzt rechnen wir ab!", kam es immer sofort darauf zu einer tödlichen Schießerei...
Eine Mexikanische Posaune setzt ein, spielt eine getragene Melodie. Auntie "Calamity" Waltraud läßt die Meisenknödel in den Staub fallen, wirf ihren Poncho zurück, damit ihre Schusshand nicht behindert wird. Queen "Rattlesnake" Mom, spuckt ihren Zigarillo aus. Kalte blaue Augen fixieren sich unter großkrempigen Hüten, der Eine schwarz, der Andere weiß. Ein humorloses Lächeln umspielt Queen Moms Lippen. Auntie lockert ihre Schusshand. Ein Skorpion quert hastig die Straße. Schweiß rinnt von Stirnen. Ein 100 m entfernter Sargtischler fängt nach Augenmaß an, eine neue Kiste zusammenzuzimmern. Ein Busch rollt vorbei. Dann fallen plötzlich fast gleichzeitig zwei Schüsse.
Die große Meisenknödel-Abrechnung.