Samstag, 31. Mai 2014

Das Grundnahrungsmittel »Brot« erwerben

photo credit: Thomas Hawk via photopin cc
Ich gehöre noch einer Generation an, die noch Bäckereien betritt, um das Grundnahrungsmittel »Brot« zu erwerben. Gerne auch fürs Büro. Vermutlich aber nicht mehr lange. Weil im Supermarkt gibt es auch Brot, aber keine Aufbäckerinnen, was sich mehr und mehr als Plus herausstellt.

Ich stehe also in der so called Bäckerei, die in Wirklichkeit nur eine schnöde Aufbäckerei ist. Ich warte in der Schlange am Tresen und versuche mich während dieser Zeit verzweifelt daran zu erinnern, wie das Brot hieß, das ich vorletztes Mal gekauft habe. Denn das vom letzten Mal war ja nix, aber wie das hieß, weiß ich ja auch nicht mehr. Dann bin ich dran.
»Bittä!«, sagt die Aufbäckerin aka Bäckereifachverkäuferin.
»Ich hätte gerne ein Graubrot!«, sage ich.
»Ham wer nich!«, sagt die Verkaufsmeduse. War klar. WTF ist heutzutage eigentlich mit Bäckereien los? Die können ja nicht mal mehr ›Graubrot‹!
»Umm!«, sage ich, die Wangen aufblasend. Eigentlich möchte ich schlicht und ergreifend ein »Graubrot« käuflich erwerben. Aber so einfach wird es einem ja nicht gemacht. Hier gibt es Elsässer Brot, Überfelder Roggen, Udenhausener Bauernbrot, Ardenner Laib, Berner Wichtel, Sauerländer, Siegerländer, Ur-Eifeler Bauernbrot, Prümtaler Vollkorn fein, Aargauer, Petite Parisienne und viele mehr. Lieber Gott! Ich will doch gerade gar nicht verreisen!
»Ich hätte gerne etwas, was an ›Graubrot‹ herankommt. Ein Brot mit einem Roggenanteil größer 50%. Es soll ein kräftig schmeckendes, dichtes und festes Brot sein - und das meint kleine Bläschen statt großer Blasen im Teig.«
(Glaubt mir, ich weiß schon, warum ich das so genau sage ...)
Es macht ›klack‹, als die Holzaugen der Aufbäckerin mit den aufgemalten Pupillen plötzlich nur Augenweiß zeigen. Hinter ihrer Stirn beginnen drei riesige Zahnräder in Familie-Feuerstein-Optik unrund ineinanderzugreifen, das macht malmende Geräusche. Eine Weile passiert nichts. Die hinter mir in der Schlange Stehenden beginnen unruhig zu hüsteln, derweil Madame ›kalkuliert‹.
Es macht wieder ›klack‹, die Pupillen der so genannten Fachkraft fixieren mich nun wieder.
»Nehmen S'e ’n Hallschlager!«, sagt sie unvermittelt, wischt sich beiläufig mit dem Gummihandschuh angesammelten Speichel aus dem Mundwinkel.
Ich nehme also ein Hallschlager.
Im Büro stellt sich dieses Hallschlager dann als ein fluffiges Weizenbrot mit riesigen Blasen heraus, das ich im Grunde sofort in die Tonne werfen könnte.
Warum?
WARUUUM?

Liebe Bäckereien:
1) Ich will mir fürs Büro gerne ein Graubrot kaufen. Und wenn ihr selbst das schon nicht mehr drauf habt, dann lasst es besser ganz sein.
2) Dann die Namen. Ich kann in 1.000 Eisdielen der Republik gehen und ein Vanille-Eis kaufen, einfach so. Ganz ohne Häckes. Ein Vanille-Eis heißt ja auch nicht in der Innenstadt »Tropic« und fünf Häuser weiter »Yellow Mellow« und in Hessen »Bäbbelsche«. Gehe ich in 1.000 Bäckereien der Republik und will ein Graubrot kaufen, dann müsste ich mir dazu auch noch mindestens drei Dutzend Fantasienamen für die ganzen Graubrot-Look-Alikes und -Pretenders merken.
3) Zuletzt die Aufbäckerinnen. FACEPALM. Die haben es sehr oft leider mal gar nicht drauf. Die könnten einem auch nicht vernünftig Wurst verkaufen. Und auch keine Schuhe. Besser, sie lassen es ganz, das mit dem Verkaufen. Ich will wieder Bäckerei-Fachverkäuferinnen statt ungelernter Aufbäckerinnen. Wie früher.


Update: Neuer Bäckereibesuch, neues Glück. Diesmal haben mir die Medusen ein "Überfelder" angedreht, das ist so was wie ein "Hallschlager", nur nicht ganz so fluffig. Geht auch gar nicht!

Update 2: Nun haben sie mir ein "Altdeutsches Brot" verkauft, das geht schon zu 50% in die richtige Richtung, aber leider kein Vergleich zu einem Graubrot. Ich bleib dran. "Roggenbrote kommen bei uns immer Nachmittags rein." Sicher, sicher.


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