Freitag, 3. Juli 2015

Sommer!


photo credit: 30th January - 338 via photopin (license)

Der zu Recht weithin unbekannte Barockdichter Johann Möchtegott Klöbel formulierte es in seinem so genannten Meisterwerk "Klebrig's Erwachen" (1655) seinerzeit so:
Ein Ohr noch im verschwitzten Laken,
das and're thut in den Himmel ragen.
Von draußen lästig's Geschab' der Grille,
Es fähret fort die Amsel mit Getrille'
Es dampfen Wälder, Wiesen, Seen,
Mir dampfen itzo schon die Zeh'n.
Oh, Sommer, in deinem klebrigen Bette,
Erwach' ich neben meiner Käthe.
Und bei uns?
Asphalt fließt in Zeitlupe die Straßen hinab, AKWs droht die Abschaltung.
Tümpel, Talsperren, Flüsse verdunsten blubbernd, gekochte Fische und Unken schwimmen an der Oberfläche, an den Rändern fläzt sich der Abkühlung suchende Mob.
In Beerdigungsinstituten ist mehr los als in Sonnenstudios.
Aufgedunsenen Bankangestellten angetan mit Schlips, Kragen und Jackett wird zum ersten mal in ihrem Leben Mitgefühl von ihren Kunden entgegengebracht. Zu Unrecht, wie ich finde.
Zäpfchen werden im Eisfach aufbewahrt.
Getränke verdunsten bereits im Mundbereich.
Im Getränkemarkt herrscht Endzeitstimmung - erst der Kampf um den Parkplatz, dann ist das Mineralwasser ausverkauft, sogar das Teure (Fachinger), die Kassenschlange Rotgesichtiger verschwindet irgendwo hinter dem von Hitze flirrenden Horizont.
Dehydrierte Menschen, nur angetan mit einem allzeit wringbaren Höschen kleben träge in ihren verdunkelten Wohnungen und wanken zwischen der Dusche, die längst statt kaltes nur noch lauwarmes Wasser spendet und einem durchweichten Sitzmöbel hin und her.
Ein Radiosender, der Rudi Carells "Wann wird's mal wieder richtig Sommer?" spielte, bekam binnen 8 Minuten 114 Bombendrohungen, beim BKA war man zu schwach, dem nachzugehen.
Der SPIEGEL schrieb, daß durch den temperaturbedingten höheren Testosteronspiegel die Leute zweimal mehr Sex hätten als sonst. Ein Bekannter, darauf angesprochen, ereiferte sich daraufhin angewidert: "Bäh, das wär' ja jetzt voll wie Schlammcatchen!"