Freitag, 27. August 2010

Ein schrecklicher, schrecklicher Fehler!


Schranke
Originally uploaded by Tabbo107
Es war ca. im Jahr 1995 auf dem Sparkassen-Parkplatz Hohenfuhrstr., 42477 Radevormwald. Zufahrt und Wegfahrt an den Schranken wurden über die EC-Karte gesteuert. Wenn man hier unter einer Stunde parkte, war es kostenlos. Über eine Stunde parken kostete 2,00 DM, zahlbar als Münze in bar direkt an der Schranke. Alles eigentlich ganz easy...
Es war ein flirrender Hochsommertag.
Ich hatte Geld abgeholt (50,00 DM), stieg in mein Auto, um loszufahren. Eine Frau parkte reichlich umständlich aus, ich ließ sie vor, weil, das war höflich und ich war ja nicht in Eile - ein schrecklicher, schrecklicher Fehler!
Der PKW vor mir hoppelte zum Schlagbaum, rangierte etwa 6x vor und zurück. Sie drehte ihre Scheibe herunter, um ihre EC-Karte in den Schlitz zu stecken. Das Display zeigte »Zu zahlen: 2,00 DM«. Sie hatte wohl länger als eine Stunde geparkt. Die Frau stellte den Motor ab. Kurbelte die Scheibe hoch. Schnallte sich ab. Öffnete die Tür. Stellte fest, dass es zum Aussteigen zu eng war. Rutschte auf den Beifahrersitz. Stieg aus. Schloss ihren Wagen ab. Hinter mir warteten zwei weitere PKW. Fassungslos starrte ich die Frau an, fühlte mich gezwungen, etwas zu sagen.
»Würde es ihr Charakter erlauben, die zwei Mack einzuwerfen, damit wir alle vom Parkplatz herunterkommen?«, meine Stimme bebte leicht.
»Das sehe ich ja gar nicht ein!«, schrillte und eierte auf ihren Pumps mit ihrem Kostüm in die Sparkasse zurück. Ich ließ mich in meinen Sitz plumpsen und machte erst einmal meinen Motor aus. Ich studierte eingehend meine Kontoauszüge, fächelte mir gleichzeitig Luft damit zu. Inzwischen waren es vier Wartende hinter mir.
Schweiß lief mir den Rücken hinunter.
Die Frau kam zurück. Mit den farblich passend zu dem Kostüm lackierten Fingernägeln trug sie spitz ein farblich mal überhaupt nicht passendes, grünes Weichplastikfutteral. Sehr, sehr offensichtlich beinhaltete es – von der Form, die sich durchdrückte – eine Parkmünze. Ich atmete auf. Die Fahrer der unterdessen fünf hinter mir stehenden Autos sicherlich auch.
Sie schloss ihren Wagen auf. Stieg ein. Rutschte rüber. Schnallte sich an. Ließ den Motor an. Kurbelte die Scheibe herunter. Dann beobachtete ich die Frau dabei, wie sie versuchte, die Parkmünze samt Futteral in den Geldschlitz zu stecken.
Spontan traten mir Tränen in die Augen.
Schweiß tränkte meine Kleidung im großen Stil.
Bevor ich mit tränenverschleiertem Blick interagieren konnte, passierte Folgendes: Die Frau stellte den Motor ab. Kurbelte die Scheibe hoch. Schnallte sich ab. Rutschte rüber. Stieg aus. Schloss ihren Wagen ab. Auf ihren Pumps eierte sie in die Sparkasse zurück.
Hinter mir warteten bereits alle PKWs des Parkplatzes.
Sämtliche Motorlüfter liefen auf Volllast.
Ich ließ meinen Tränen freien Lauf, ich war schweißnass von Kopf bis Fuß.
Nach endlosen fünf Minuten erschien ein Bankangestellter mit einem Werkzeugkoffer und die Pumps-Frau. Der Bänker legte sein Jackett ab, kramte in dem Kasten herum, fand endlich den Schraubenschlüssel und montierte umständlich die »defekte« Schranke ab.

Der Parkplatz leerte sich schlagartig.
Alle fuhren sofort irgendwohin, nur um Fahrtwind zu bekommen.
An diesem Tag sind in flirrender Sommerhitze Schweiß und Tränen der Dankbarkeit Vieler geflossen.

Bis dahin hatte ich immer gedacht, solche Leute gäbe es in echt gar nicht.

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