Mittwoch, 8. Februar 2012

ru24 History 32: Hertha BSC vs. Star Trek (1973)

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1973. Es war eine Zeit, in der Ersten, Zweites, Drittes völlig ausreichte, die Fernsehlandschaft vollständig zu beschreiben. Sonntags nachmittags um 17.15 Uhr auf dem Ersten schaute mein Vater Fußball.
„Papa, für welchen Verein bist du denn?“, fragte ich.
„Für keinen. Ich gucke nur so“, sagte er.
Ich wusste, dass Väter meistens „für“ einen Fußballverein waren, ich wusste aber nicht warum. Papa war für „keinen“. Wie ich später erfuhr lag das daran, dass er mit 16 zum Kriegsdienst eingezogen worden war und nach 1945 geschworen hatte, niemals wieder einem Verein anzugehören, ein Abzeichen zu tragen oder eine Fahne zu schwenken.
Da war er lebenslang sehr konsequent.
Und weil während meiner Kindheit vor der Glotze kein Vater brüllte, hyperventilierte und dabei trank, wurde ich nicht geprägt. Der ganze Wirbel um EM, WM, Champions-League blieb mir also bis heute hochgradig suspekt.
Zudem: Auf dem Zweiten lief parallel zur gleichen Zeit wie Sportschau „Raumschiff Enterprise“. Ich musste also immer ewig quengeln, bis Papa sein „nur so Fußball-gucken“ zugunsten von Kirk, Spock, Scotty, Sulu und Uhura aufgab. Meine Güte, was konnte es denn Spannenderes geben als „Enterprise“?
Fußball war also der natürliche Feind von Star Trek!

Als Kind war ich im Schwimmverein, dem RTV - Radevormwalder Turnverein. Freitags um 19.00 Uhr ging ich in einem Hallenbad schwimmen, das auch genauso hieß und und kein Schnicki-Schnacki-Funbad war. Es gab vier 25m-Bahnen und sonst nada. Keine Tropenpflanzen, keine Rutsche, keine Wellen, keine Gastronomie.
[Sie haben es abgerissen und das AquaFun dafür gebaut, als das nicht genügend Defizite einfuhr, haben sie es wieder abgerissen und das life-ness auf gleicher Stelle errichtet, das macht jetzt wenigstens 1,2 Mio. EUR Miese pro Jahr - Respekt!]
Damals in der Umkleide unterhielten sich die Jungs nach dem Schwimmen über Fußball. Die Jungen, deren Väter schlechte Zähne hatten, waren für „Schalke 04“, die Jungs, deren Väter CDU wählten, waren für „Bayern“. Dass „Bayern“ mal gar nicht ging, wusste ja sogar ich! Ein paar waren auch für Leverkusen oder Köln.
*gähn*
„Für welchen Verein bist du denn?“, fragte mich einer. Ich hatte mir für so einen Fall etwas überlegt.
„Hertha BSC!“, antwortete ich wie aus der Pistole geschossen. Plötzlich war Ruhe. Über allen Wipfeln. Ich blickte in ratlose Gesichter. Niemand von denen fragte mich jemals wieder, ein zufriedenstellendes Ergebnis.

1996 fuhr ich nach Berlin. Irgendwann, irgendwo dort ging mir auf, dass „Hertha BSC“ ein Berliner Fußballverein war. Es hatte nur etwa 23 Jahre gedauert.