Samstag, 20. Juli 2013

Ein Leben in vollen Zügen II

http://goo.gl/lAhrM
Ach ja, die Bahn.
Fliegen und Auto kann doch jeder, aber mit der Bahn zeitnah am Ziel anzukommen, das ist eine der letzten Herausforderungen der Moderne. Machen wir uns nichts vor: Wer das Abenteuer sucht, der ist hier goldrichtig. Auch Blogger kommen arg auf ihre Kosten...
Folgendes kann zu eklatanten Verspätungen führen: Signalfehler, Triebkopfstörung, "Jahreszeit", Wildschaden*, allg. Unbill, Rangierfehler, ausgefallene Klimaanlage, Diebstahl von Kabeln oder "der Zonk". Die Probleme lassen sich im Laufe einer Zugfahrt beliebig aus der Schaffnermütze ziehen und so zu hoch signifikanten Verzögerungen auftürmen.
Doch selbst unser aller freundliches Zugpersonal scheint sich häufig selber nicht ganz klar zu sein, wohin der aktuelle Zug jetzt eigentlich genau fährt: "Meine Damen und Herren, herzlich willkommen im Zug nach..." (es folgt an dieser Stelle eine gefühlt mehrminütige Pause, in der man, sofern man nur bösartig genug ist, glaubt, leises Beraten über ein mögliches Reiseziel hören zu können.) "... Köln über..." (Erneut eine längere, hitzige Diskussion) "...Hannover, Bielefeld und Hamm. Unser Zug hat Berlin mit einer Verspätung von 25 Minuten verlassen. Grund dafür war..." (weiteres Raunen) "...ein kaputter Zug." (Gastbeitrag von Matthias Klesse - toll!)
Weitere Hürden für Reisende:
1) Umgekehrte Wagenreihung: Schweinchen Schlau weiß (laut "Wagenstandsanzeiger"), dass es bei Buchstaben F am Bahnsteig warten muss. Da kommt die Durchsage, dass der Zug in "umgekehrter Wagenreihung" einläuft. Klartext: Jeder steht falsch (also spiegelverkehrt) am Bahnsteig. Helau! Die anschließenden Szenen beim Einfahren des Zugs haben etwas von einem barocken Schlachtengetümmel.
2) Zugteilung: Die "Zugteilung" ist der Blinddarm der DB. Wenn alles andere geklappt hat, dann wird eben der Zug, in dem man sitzt, "geteilt" - natürlich kauert man in der Hälfte, die in Richtung Sackbahnhof Pusemuckel unterwegs ist.
3) Zugteilung mit umgekehrter Wagenreihung: Der Blinddarmdurchbruch der DB - Besser geht's nicht! Da bleibt kein Wunsch unerfüllt und kein Auge trocken. Egal, wie sehr man am Bahnhof beim Einsteigen versucht, alles richtig zu machen, letztendlich hockt man GRUNDSÄTZLICH im falschen Zugteil - Richtung Sackbahnhof Pusemuckel.

Wie man das Ruder noch herumreißen kann
1) Reiseplanung 1: Es sollte quasi egal sein, wann man am Ziel ankommt. Eine zeitliche Punktlandung mit der Bahn ist ohnehin wie ein 4-er im Lotto. Sagt den Menschen, die ihr besucht: "Wir kommen irgendwann Samstag und wir nehmen ein Taxi zu euch." Denn wenn es eh egal ist, wann man ankommt, dann kann man sich bei jeder weiteren Verzögerung kichernd zurücklehnen und wieder zum Buch greifen, während alle anderen im Abteil hektisch in ihre Handys plappern: "WÄWÄWÄ!!! Wir kommen nochmal 20 Minuten später!"
2) Reiseplanung 2: Keinesfalls sollte man umsteigen müssen. Man sollte sich schon im klaren sein, dass der Zug, in den man umsteigen müsste, unwiederbringlich abgefahren ist. Zweimal umsteigen wäre blanker Wahnsinn.
3) Reiseplanung 3: Sitzplatzreservierung ist das A und O. Man sollte immer, immer, immer einen Sitzplatz reservieren. Wer mal eine vierstündige Zugfahrt auf dem Gang zugebracht hat, weiß solches zu schätzen. Und im Falle des "geteilten Zuges" sitzt man ganz automatisch im richtigen Teil.
4) Vor der Abfahrt 1: Checkt das Internet. Die Bahn hat nämlich viel Humor: Gibt man bei der Ticketbestellung seine Handynummer an, bekommt man für die Hinfahrt eine SMS, dass der Zug sieben Minuten Verspätung hat. Bei der Rückfahrt ist der Zug einfach "aus Gründen" (Überschwemmung der deutschen Ostgebiete) eine Stunde früher abgefahren, dazu gab's dann keine SMS. Sicher, sicher.
5) Vor der Abfahrt 2: Wenn man am Bahnhof ankommt, sollte man immer, immer, immer auf elektronische Anzeigen schauen, wann & wo der Zug tatsächlich einfährt. Was auf dem Ticket steht, ist ach so oft nur Schall und Rauch, Blendwerk für Narren und Unerfahrene. Da wird das Warten auf den Zug schnell ein "Warten auf Godot".
6) Sitzt man im falschen Zugteil eines Zuges, der vor der "Teilung" steht, geht man im Inneren des Zuges bis zum letzten Wagen des eigenen Zugteils, um dann, wenn der Zug hält, mal eben über den Bahnsteig die 20 m zum anderen Zugteil herüberzuhuschen und sofort in die nächste sich bietende Tür einzusteigen. Wenn man es anders macht, geht es schief!

Läuft! :)


*) "Wildschaden" ist ein Euphemismus für "Huch, wir haben gerade "eine größere biologische Einheit" überfahren, de Krippo soll ma am Zuch mitm Schnelltest kucken, ob et Wildschwein, Suizidaler oder Wookie war!" Sind lustige, bunte Streifen am ICE, dann war's ein Clown.